Der Eichenprozessionsspinner ist ein Nachtfalter, der mit seinen grau gefärbten Flügeln recht unscheinbar wirkt. Seine lateinische Bezeichnung lautet Thaumetopoea processionea L. Der kleine Schmetterling hat eine Flügelspannweite von rund 2,5 Zentimetern und liebt die Wärme.
Jedes Jahr zwischen Spätsommer und Herbst legen die Weibchen jeweils bis zu 150 Eier. Als Legestätte wählt der Eichenprozessionsspinner die oberen Kronenbereiche von Eichen aus. Anfang Mai schlüpfen dann unzählige, hungrige Raupen, die bis zu ihrer Verpuppung in riesigen Kolonien leben und auf der Suche nach Nahrung sind.
Dabei wandern die Raupen wie in einer Prozession stets in Richtung Eichenblätter: Dieses so typische Verhalten hat ihnen zu dem Namen Eichenprozessionsspinner verholfen. Sind die Raupen dann etwas älter, ziehen sie sich am Tage in ein Gespinstnest zurück, wo sie sich auch häuten. Dieses Nest befindet sich stets in Astgabelungen oder am Stamm. Irgendwann zwischen Ende Juni und Anfang Juli verpuppen sich die Raupen dort auch. Zu diesem Zeitpunkt haben sie bereits bis zu sechs Entwicklungsstadien hinter sich. Bis der „fertige“ Schmetterling dann endgültig schlüpft, vergehen noch einmal rund drei bis fünf Wochen. Zurück bleiben die leeren Gespinstnester, die oft noch Jahre später auf den Eichen zu finden sind. Sie bestehen aus den Puppenhüllen, den einstigen Häutungsresten und Kot.
DIE VERBREITUNGSGEBIETE DES EICHENPROZESSIONSSPINNERS INNERHALB DEUTSCHLANDS
Wissenschaftler beobachten schon seit gut 15 Jahren, dass sich der Eichenprozessionsspinner hierzulande mehr und mehr ausbreitet. Seit 2012 ist er in allen deutschen Bundesländern anzutreffen. Besonders betroffen sind jedoch Bayern, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Berlin: Hier scheint sich der Schmetterling besonders wohlzufühlen. Allerdings steht die zunehmende Verbreitung vermutlich im Zusammenhang mit dem Klimawandel, denn der Eichenprozessionsspinner liebt trockene warme Frühsommer. An lichten Waldrändern kommt er besonders zahlreich vor, doch auch in einzeln stehenden Eichen in Wohngebieten und Parks wird er beobachtet. Wie sich herausgestellt hat, kann das Biozid Dipel ES bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners wertvolle Dienste leisten.
DARUM SIND DIE GIFTIGEN RAUPENHAARE SO GEFÄHRLICH
Wenn sich der Eichenprozessionsspinner etwa im Mai oder Juni im dritten Entwicklungsstadium befindet, bilden sich die feinen und etwa 0,2 Millimeter langen Haare. Sie werden im Fachjargon „Setae“ genannt und sollen Fressfeinde abwehren. Der Wind trägt die giftigen Haare oft über weite Strecken. Sie sind so fein, dass sie bereits bei kleinsten Berührungen brechen, woraufhin aus den Hohlräumen verschiedene Proteine freigesetzt werden. Eines dieser Proteine ist das Nesselgift Thaumetopoein. Gefährdet sind vor allem Menschen, die sich im Wald aufhalten, also Spaziergänger oder Waldarbeiter.
Aber auch Kinder, die im Freien spielen, Besucher von Freizeit- und Grünanlagen, Personen, die unmittelbar am Waldrand leben sowie Haus- und Nutztiere gehören häufig zu den Betroffenen des sogenannten Lepidopterismus, einer Krankheit, die ausschließlich durch die Brennhaare von Schmetterlingen hervorgerufen wird. In vielen Fällen reicht es schon aus, nur an befallenen Bäumen entlangzulaufen. Zu den Symptomen gehören starker Juckreiz, Atemnot, toxisch-irritative Dermatitis, Rhinitis, Kontakturtikaria, Pharyngitis und eine Papelbildung, die an Insektenstiche erinnert. Mit allergischen Reaktionen muss gerechnet werden, in bislang einem Fall kam es sogar zu einem allergischen Schock.
Die Symptome können auch ohne den direkten Kontakt zu Raupen oder Gespinstnestern auftreten, oft reichen Brennhaare, die durch die Luft fliegen, bereits aus. Überdies muss ganzjährig mit einer Erkrankung gerechnet werden, da sich auch in alten Gespinstnestern Brennhaare befinden, die Reizungen auslösen.
Glücklicherweise lassen die Symptome meist nach kurzer Zeit nach. Topische Steroide beziehungsweise Antihistaminika reichen daher zur Behandlung in der Regel aus.